Walking with the Gods




Autor: Greg Stolze
Titel: Godwalker
Verlag: Schroedinger's Cat Press (Eigenverlag)
Erscheinungsjahr: 2004
Umfang: 220 Seiten
Preis: ca. € 17




Jeder von uns braucht seine kleine elitäre Nische. Bei mir ist dies das Rollenspiel Unknown Armies; das einzige Rollenspiel, zu dem ich mich wirklich als Fan zugehörig fühle und bei dem ich zumindest fest vorhabe, alle Publikationen in meinen Besitz zu bringen. Letzteres ist nicht so schwierig oder teuer wie es sich anhören mag, da für dieses sehr kleine Rollenspiel nur sehr sporadisch Quellenbücher erschienen sind und der Verlag Atlas Games sich Anfang 2004 schließlich gezwungen sah, ganz damit aufzuhören. Seitdem sind keine neuen Bücher erschienen, doch die kleine aber feine Fangemeinde diskutiert weiterhin sehr eifrig, sowohl auf der offiziellen Webseite, als auch auf der wunderbaren Mailingliste (von der ich schon so manche Buch-, Comic-, oder Filmempfehlung mitgenommen habe).

Was mich an diesem Rollenspiel so anspricht ist die vielleicht einmalige Mischung von Übernatürlichem/Unerklärbarem und gleichzeitig sehr realistisch dargestellten (aber zumeist ziemlich durchgeknallten) Charakteren. Das Erschaffen solcher Charaktere wird durch das sehr freie System noch zusätzlich gefördert, da das Hauptaugenmerk nicht wie bei vielen anderen Rollenspielen auf Kampffertigkeiten oder dergleichen liegt, sondern auf dem psychologischen Profil der Figuren.

Warum erzähl ich das alles, fragt Ihr? Nun, pünktlich zum vorläufigen Ende der Rollenspiellinie hat der Miterfinder von Unknown Armies Greg Stolze den ersten UA-Roman geschrieben. Und der Roman hält alles, was das Rollenspiel verspricht. Die Anzahl wichtiger Charaktere ist sehr klein, aber gleichzeitig geht es um sehr viel Macht, die Macht eines Godwalker. Ohne zu tief in den UA-Hintergrund einzutauchen, reicht es eigentlich, wenn man weiß, daß es immer nur einen Godwalker geben kann und daß diese Person für eine Menge von Menschen die Chance bedeutet, noch mehr Macht zu erlangen, wenn sie den Godwalker kontrollieren. Dementsprechend sind auch im Quentin Tarantino-Stil einige bezahlte Killer hinter demjenigen her, der das Zeug hat, zum neuen Godwalker zu werden. Und natürlich der bisherige Godwalker - ein beinahe schon unmenschliches Monster, das nur Der Freak genannt wird. Wenn man jetzt noch ein paar Chaos-Magier dazu mischt, hat man alle wichtigen Zutaten dieses Romans zusammen.

Stolze hat einen sehr rauhen, toughen Schreibstil, der gut zu der beschriebenen Handlung paßt. Einerseits herrscht ziemlich extreme Gewalt im Tarantino-Stil, aber andererseits sind die Charaktere nicht wie bei diesem Vorbild die ganze Zeit unnahbar cool, sondern reagieren meist wie normale Menschen, mit all den Traumata, die man bei so einem Leben zwangsläufig irgendwann abkriegt. Und das Credo von Unknown Armies "Jede Handlung hat Konsequenzen" gilt auch hier mit erbarmungsloser Härte.

Da Godwalker, wie gesagt, erst dann fertig war, als Atlas bereits aufgehört hatte, Unknown Armies-Produkte zu veröffentlichen, hat Greg Stolze den Schritt gewagt, das Buch selbst zu verlegen. Dank seiner treuen Anhängerschaft in Rollenspielkreisen hat er im ersten halben Jahr bereits mehrere hundert Exemplare verkaufen können. Bis vor wenigen Wochen war Godwalker nur über die Webseite des Layouters Daniel Solis zu beziehen und Stolze hat jedes einzelne Buch persönlich verschickt. Inzwischen hat er allerdings damit aufgehört und vertreibt den Roman nun über Cafepress. Man kann Godwalker also jetzt direkt dort bestellen und muß angeblich nur noch 8 Tage darauf warten und nicht wie ich beinahe zwei Monate.

Die Tatsache, daß Godwalker im Selbstverlag erschienen ist, wirkt sich glücklicherweise nicht negativ auf die Qualität des Buches aus. Lediglich bei den letzten paar Kapiteln habe ich den Eindruck gewonnen, daß ein weiteres Mal Korrekturlesen doch eine gute Idee gewesen wäre. Aber davon abgesehen wirkt das Paperback beinahe wie ein professionell erstelltes, was durch das Auslagern zu Cafepress eher noch besser werden dürfte.


[Kreetrapper - 10.04.2005]