Blutbad im Kopf
Die allmontägliche Kolumne für die ganze Familie
So ein Blödsinn!
In letzter Zeit hört man ja wieder viel von Heuschreckenplagen biblischen Ausmaßes. Und natürlich wird die Rede Münteferings erst mal von allen Seiten verurteilt. Da müssen wir uns nicht wundern, wenn die Unternehmer nicht in Deutschland investieren wollen, heißt es. Ich habe die sagenumwobte Rede leider nie selbst gehört, aber daß da im Kern etwas dran ist, sollte inzwischen eigentlich auch im letzten Zipfel des Landes angekommen sein. Sogar die gewöhnlich besser informierte Bild-Zeitung hat schon mehrfach auf das Problem exorbitanter Manager-Gehälter hingewiesen.
Besonders empfindlich reagiert der gemeine Bürger ja darauf, daß Firmen ihre Produktionsstätten (nein: nicht ihre Arbeitsplätze, die sind nämlich immateriell und können daher gar nicht verlegt werden) ins befreundete Ausland verlegen. Oder so einen Schritt zumindest androhen, um die Löhne zu drücken, die Wochenarbeitszeit zu erhöhen oder vielleicht noch das ein oder andere Steuergeschenk herauszuschlagen. Solche Unternehmer bedauern es vermutlich auch, daß es das Dritte Reich nicht mehr gibt. Hier waren die Arbeitskräfte besonders billig.
Andererseits kann man es der Vielzahl der Unternehmen gar nicht vorwerfen, so preisbewußt zu denken. Schließlich bekommen sie es ja tagtäglich von ihren Kunden vorgelebt. Schon seit überraschend langer Zeit befinden wir uns in der Zeit des Geizes. Besonders in den letzten Jahren angeheizt durch die Kampagnen von Media Markt und Saturn. Heutzutage ist Geiz geil, vor nicht allzulanger Zeit war er noch eine Todsünde, und das - man mag über das Christentum im allgemeinen und die katholische Kirche im besonderen denken, was man will - völlig zu recht. Die meisten Menschen schauen beim Einkauf zu allererst auf den Preis. Was für den durchschnittlichen Hartz-IV-Empfänger noch verständlich ist, hat aber leider inzwischen immer mehr auch die reicheren Schichten erreicht. Ungeachtet der lang- und mittelfristigen sozialen, ökologischen und selbst wirtschaftlichen Folgen wird hier das Geld immer in Richtung derjenigen geworfen, die mit besonders niedrigen Preisen locken. Und kaum jemand kommt auf die Idee mal kurz innezuhalten und zu überlegen, woran es liegt, daß es im Aldi nur halb so teuer ist wie in manchem anderen Supermarkt. Der Grund ist mit Sicherheit nicht, daß die Eigentümer ihre Profite oder die Manager ihre Gehälter freiwillig herunterschrauben. Vielmehr wird der Preiskrieg zum Beispiel auf den Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Man nehme nur den Fall Lidl, ein Laden, der vor nicht allzulanger Zeit den Big-Brother-Award verliehen bekam (Persistent Illusions berichtete), weil er seine Angestellten auf Schritt und Tritt beobachtet, damit niemand zu lange pausiert. Die Verleiher des Preises sprachen von "nahezu sklavenhalterische[m] Umgang" des Betriebs mit seinen Mitarbeitern. An anderer Stelle ist es (bis jetzt) noch nicht so schlimm, aber immer mehr Unternehmen fangen damit an, den Preisdruck, den sie von ihren Kunden zu spüren bekommen, an ihre Arbeitnehmer (oder an ihre Zulieferer und damit über Umweg an deren Arbeitnehmer) weiterzugeben, z.B. über effektive Lohnkürzungen, längere Wochenarbeitszeiten oder ähnlich Spaßiges.
Trotzdem richtet sich der Unmut der Massen bis jetzt immer nur gegen die bösen Unternehmer, obschon es auch hier sinnvoller wäre, sich erst einmal um den Balken im eigenen Auge zu kümmern. Schließlich bestraft der Kunde mit diesem Geiz-ist-geil-Verhalten im wesentlichen die kleineren Unternehmen, die dem Preiskampf nicht standhalten können. Und genau das sind aber diejenigen Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer fair behandeln und in der Regel nicht einmal mit dem Gedanken spielen ins Ausland abzuwandern. Durch geschickte Wahl der Einkaufsmöglichkeit könnte man solche Unternehmen belohnen. Man müßte halt nur in den sauren Apfel beißen und ein wenig mehr für seinen Einkauf bezahlen. Aber Weitsichtigkeit und nachhaltiges Handeln scheinen hierzulande nicht besonders verbreitet zu sein. Die Politik lebt es ja immer gern vor, daß nur der kurzfristige Erfolg zählt - mag es sich dabei nun um gentechnisch veränderte Nahrungsmittel oder um Atomkraftwerke handeln. Beides Dinge, die langfristig gesehen zumindest als höchst bedenklich einzustufen sind, und ebenfalls beides Dinge, die eine neue Regierung forciert fördern wird. Es bringt schließlich Arbeitsplätze. Und das ist ja allemal wichtiger als das Überleben des Planeten oder der menschlichen Rasse.
[Kreetrapper - 23.05.2005]
Besonders empfindlich reagiert der gemeine Bürger ja darauf, daß Firmen ihre Produktionsstätten (nein: nicht ihre Arbeitsplätze, die sind nämlich immateriell und können daher gar nicht verlegt werden) ins befreundete Ausland verlegen. Oder so einen Schritt zumindest androhen, um die Löhne zu drücken, die Wochenarbeitszeit zu erhöhen oder vielleicht noch das ein oder andere Steuergeschenk herauszuschlagen. Solche Unternehmer bedauern es vermutlich auch, daß es das Dritte Reich nicht mehr gibt. Hier waren die Arbeitskräfte besonders billig.
Andererseits kann man es der Vielzahl der Unternehmen gar nicht vorwerfen, so preisbewußt zu denken. Schließlich bekommen sie es ja tagtäglich von ihren Kunden vorgelebt. Schon seit überraschend langer Zeit befinden wir uns in der Zeit des Geizes. Besonders in den letzten Jahren angeheizt durch die Kampagnen von Media Markt und Saturn. Heutzutage ist Geiz geil, vor nicht allzulanger Zeit war er noch eine Todsünde, und das - man mag über das Christentum im allgemeinen und die katholische Kirche im besonderen denken, was man will - völlig zu recht. Die meisten Menschen schauen beim Einkauf zu allererst auf den Preis. Was für den durchschnittlichen Hartz-IV-Empfänger noch verständlich ist, hat aber leider inzwischen immer mehr auch die reicheren Schichten erreicht. Ungeachtet der lang- und mittelfristigen sozialen, ökologischen und selbst wirtschaftlichen Folgen wird hier das Geld immer in Richtung derjenigen geworfen, die mit besonders niedrigen Preisen locken. Und kaum jemand kommt auf die Idee mal kurz innezuhalten und zu überlegen, woran es liegt, daß es im Aldi nur halb so teuer ist wie in manchem anderen Supermarkt. Der Grund ist mit Sicherheit nicht, daß die Eigentümer ihre Profite oder die Manager ihre Gehälter freiwillig herunterschrauben. Vielmehr wird der Preiskrieg zum Beispiel auf den Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Man nehme nur den Fall Lidl, ein Laden, der vor nicht allzulanger Zeit den Big-Brother-Award verliehen bekam (Persistent Illusions berichtete), weil er seine Angestellten auf Schritt und Tritt beobachtet, damit niemand zu lange pausiert. Die Verleiher des Preises sprachen von "nahezu sklavenhalterische[m] Umgang" des Betriebs mit seinen Mitarbeitern. An anderer Stelle ist es (bis jetzt) noch nicht so schlimm, aber immer mehr Unternehmen fangen damit an, den Preisdruck, den sie von ihren Kunden zu spüren bekommen, an ihre Arbeitnehmer (oder an ihre Zulieferer und damit über Umweg an deren Arbeitnehmer) weiterzugeben, z.B. über effektive Lohnkürzungen, längere Wochenarbeitszeiten oder ähnlich Spaßiges.
Trotzdem richtet sich der Unmut der Massen bis jetzt immer nur gegen die bösen Unternehmer, obschon es auch hier sinnvoller wäre, sich erst einmal um den Balken im eigenen Auge zu kümmern. Schließlich bestraft der Kunde mit diesem Geiz-ist-geil-Verhalten im wesentlichen die kleineren Unternehmen, die dem Preiskampf nicht standhalten können. Und genau das sind aber diejenigen Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer fair behandeln und in der Regel nicht einmal mit dem Gedanken spielen ins Ausland abzuwandern. Durch geschickte Wahl der Einkaufsmöglichkeit könnte man solche Unternehmen belohnen. Man müßte halt nur in den sauren Apfel beißen und ein wenig mehr für seinen Einkauf bezahlen. Aber Weitsichtigkeit und nachhaltiges Handeln scheinen hierzulande nicht besonders verbreitet zu sein. Die Politik lebt es ja immer gern vor, daß nur der kurzfristige Erfolg zählt - mag es sich dabei nun um gentechnisch veränderte Nahrungsmittel oder um Atomkraftwerke handeln. Beides Dinge, die langfristig gesehen zumindest als höchst bedenklich einzustufen sind, und ebenfalls beides Dinge, die eine neue Regierung forciert fördern wird. Es bringt schließlich Arbeitsplätze. Und das ist ja allemal wichtiger als das Überleben des Planeten oder der menschlichen Rasse.
[Kreetrapper - 23.05.2005]