Blutbad im Kopf
Die allmontägliche Kolumne für die ganze Familie
Fort mit der Bildung!
Ja, ja, die Krux mit der Bildung. Man sollte ja meinen, unsereins als Akademiker, der auf seinem Klingelschild protzig "M.A." hinter seinen Namen setzen könnte, wenn das Geld für ein neues Schild reichte, wäre doch nun wirklich gebildet genug. Mein Umfeld, insbesondere diejenigen, die mir in Ermangelung von Hartz IV finanziell aushelfen, sieht das jedoch anders. Und offenbar ist es sowieso inzwischen gang und gäbe, daß man sich (als Neueinsteiger auf den Arbeitsmarkt) so lange qualifiziert, bis (hoffentlich) irgendwann einmal das Richtige dabei ist. Ich habe daher schon vor einiger Zeit die Möglichkeit einer Weiterbildung in Betracht gezogen - vor allem, da die berüchtigte Arbeitsagentur dafür ordentlich Kohle locker macht. Und das, wo man sonst schon um das kleinste bißchen Aufmerksamkeit wie blöd kämpfen muß.
Was bisher geschah:
Die Fortbildung selbst:
26. September: Die "Fortbildung" beginnt mit einer exorbitant langen Abhandlung von Formalia (mit Pausen > 6 Stunden), die offenbar von einem sadistischen Juristen erdacht wurde. Ich muß schriftlich versichern, diverse Dinge auf keinen Fall bzw. auf jeden Fall zu tun, zum Beispiel ist es verboten, den Rechner in Brand zu setzen oder ihn zu Klump zu schlagen. Der wirklich verdammt unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder schlägt diesem Faß die Krone ins Gesicht, indem er den IQ der Gruppe auf ca. 12 schätzt und jeden einzelnen Punkt nicht nur genüßlich vorliest, sondern auch noch "diskutiert". Die Ausbildung an der Waldorfschule ("Unterstreiche das Wort 'Kartoffeln' und diskutiere mit Deinem Nachbarn darüber.") scheint aber sonst keine Spätfolgen hinterlassen zu haben. Meine Abneigung ihm gegenüber wird immer größer. Da der wirklich verdammt unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder Physiker ist, beginne ich zudem den statistisch mit Sicherheit nicht haltbaren Schluß zu ziehen, daß alle Physiker einen Schuß haben. Nach der hoffentlich-doch-nicht-Kanzlerin ist dies immerhin schon der zweite positive Einzelfall.
27. September: Der uns vom verdammt unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder zugewiesene Netzwerkdozent beginnt sein Dozieren damit, daß er ca. eine halbe Stunde lang verzweifelt versucht, eine Powerpoint-Präsentation aus dem Internet heraus zu öffnen. Einfaches Speichern und lokal mit Powerpoint Ausführen wäre sicherlich die geschicktere Lösung gewesen. Oder Opera-Show. Leider hat der wirklich extrem unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder einen Vetrag mit Micro$oft und scheint daher überhaupt nicht auf die Idee zu kommen, einen ordentlichen Browser einzusetzen. Vielleicht darf er das auch nicht. Die eigentliche Präsentation wirkt wirr und schlecht bis gar nicht strukturiert. Immer häufiger werden Folien einfach übersprungen und auch der Hinweis "dazu kommen wir später noch" fällt viel zu oft.
Die zweite Hälfte des Tages verbringen wir mit der Einzelplatzinstallation von Windows XP, obwohl viele der Teilnehmer eine Netzwerkinstallation für sinnvoller halten. Leider sagt dies niemand dem Dozenten. Der wirkt aber auch so schon bei vielen der kleinen Problemchen, die jede Windowsinstallation so mit sich bringt, beängstigend überfordert.
Zum Abschluß gibt es noch einen Minitest, um zu schauen, ob man auch alles Mögliche gelernt hat. Der läßt sich leider nicht ausdrucken, da der Drucker streikt. Außerdem wimmelt er von übelsten Rechtschreibfehlern (insbesondere Deppenleerzeichen und die gefürchtete Binnenmajuskel), bei denen sich dem Linguisten in mir der Magen umdreht.
Die Teilnehmerstruktur ist interessant. Das Alter der Anwesenden reicht von 20 bis 54 mit Knubbelungen in den Zwanzigern und Vierzigern. Unter den 29 Leuten sind ganze zwei Frauen. Ich gehöre zu den ganz wenigen, die noch nicht im IT-Bereich gearbeitet haben. Einige listen bei der Vorstellung derartig beachtliche Sachen auf, daß ich nicht verstehen kann, warum sie arbeitslos sind. Ich schlußfolgere ziemlich schnell, daß, wenn diese Cracks keine Arbeit finden, ich auch nach Beendigung dieser Maßnahme keinerlei Chance haben werde.
Ich finde schnell Anschluß und schon bald trifft sich meine "Clique" in jeder Pause, um über die Unmöglichkeit des Dozenten und des extrem unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilders zu lamentieren. Die Aussichten auf Lernerfolg sind gering und werden nur dadurch am Leben erhalten, daß schon in knapp zwei Wochen ein Dozentenwechsel anstehen soll. Dann wird das Glücksspiel aufs Neue beginnen. Man fragt sich allerdings schon, warum eigentlich jeder Hinz und Kunz ohne jegliche didaktische Ausbildung in die Lehre geschickt wird.
[Kreetrapper - 26.09.2005/27.09.2005]
Was bisher geschah:
- Im Frühjahr: Bin bei einer Info-Veranstaltung für eine Ausbildung zum Netzwerkadministrator. Der Ausbilder ist zwar sehr nett, aber ich scheue trotzdem vor einer Zukunft als Admin zurück.
- Mai: Ich lasse mir von meinem "File Manager" beinahe eine als "Integrationstrainee" maskierte Wirtschaftsfortbildung aufschwatzen, bekomme dessen wahre Natur aber noch rechtzeitig mit.
- Juni: Bei einem telefonisch vereinbarten Beratungsgespräch mit meinem "File Manager" muß ich an der Information im Foyer der Agentur nach seiner Zimmernummer fragen. Der Informant schnauzt mich an, wo denn mein Einladungsschreiben sei, worauf ich ihm erkläre, daß der Termin telefonisch vereinbart wurde. Dann ruft er bei meinem "File Manager" an, um zu erfahren, ob ich tatsächlich einen Termin habe und schnauzt nebenbei auch ihn noch einmal ordentlich an. Schließlich gibt er mir die Zimmernummer und läßt mich von dannen ziehen. Tolle Umgangsformen, vielleicht eine Art Ausgleich, damit dem Kunden klar wird, daß es den Leuten hier drinnen auch nicht besser geht als ihren Opfern draußen?
- Ende Juni: Der nette Netzwerkadministratorausbilder macht auch Fortbildungen zum Anwendungsentwickler, worauf er mich noch einmal per Mail hinweist, da die nächste Anfang Juli beginnt. Ich beiße an und muß nun meinen "File Manager" überzeugen.
- Immer noch Ende Juni: Bei einem Beratungsgespräch ist überraschenderweise überhaupt keine Überzeugungskraft meinerseits vonnöten. Dafür braucht mein "File Manager" eine halbe Stunde, um den für mich reservierten Platz als Integrationstrainee im PC zu löschen und den neuen einzutragen. Den Bildungsgutschein selbst gibt es allerdings erst im nächsten Quartal, da die Fortbildungsmaßnahme auch erst dann beginnt. Damit verliere ich den Vorteil von drei Wochen Vorlaufzeit und habe effektiv nur noch einen Tag, da die Maßnahme am 4. Juli beginnen wird und der Juli davor nur einen weiteren Werktag hat.
- 1. Juli: Ich verbringe wieder mindestens eine halbe Stunde bei meinem "File Manager" bis der endlich den Sieg über die Technik errungen hat und mir meinen Bildungsgutschein aushändigt. Außerdem bekomme ich noch einen Vertrag, den der Bildungsträger ausfüllen und ich dann hierher zurück tragen muß. Ich mache mich auf eine unangenehme Hetze gefaßt und rufe den netten Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder an, um dies zu organisieren. Dieser teilt mir mit, daß sich noch nicht genügend Leute für den Kurs angemeldet haben und er erst am 1. August beginnen wird. Ich entspanne mich also, händige ihm aber trotzdem schon mal den Vertrag zum Ausfüllen aus.
- 17. Juli: Nachdem ich zwei Wochen nichts vom netten Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder gehört habe, frage ich per Mail nach, ob es inzwischen genügend Teilnehmer gibt, und bekomme als Antwort mitgeteilt, daß es ganz gut aussähe, aber noch nicht definitiv sei.
- 28. Juli: Ich bekomme eine Mail, in der steht, daß der Kursbeginn aufgrund mangelnder Teilnehmerzahl auf den 29. August verschoben wurde. Genauere Informationen werden nicht geliefert. Der nette Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder erscheint immer weniger nett und immer mehr inkompetent/unprofessionell/rücksichtslos.
- 24. August: Pünktlich bekomme ich erneut eine Mail, in der steht, daß der Kursbeginn aufgrund mangelnder Teilnehmerzahl auf den 26. September verschoben wurde. Genauere Informationen werden nicht geliefert, die Verantwortung wird aber auf die Arbeitsagentur abgewälzt. Aufgrund mangelnder Kenntnisse kann ich die Richtigkeit dieser Anschuldigung nicht nachprüfen. Transparenz ist was anderes. Dieser Termin soll jedenfalls nun definitiv sein und der unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder will mir als Beweis sogar den ausgefüllten Vertrag schicken, auf daß ich ihn der Arbeitsagentur überantworte.
- 9. September: Der ganz schön unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder schickt mir tatsächlich den ausgefüllten Vertrag, auch wenn es über zwei Wochen dauert.
- 16. September: Ich trage den Vertrag in die "Agentur". Laut meinem "File Manager" sollte ich ihn einfach bei der Information im Erdgeschoß abgeben. Diese verweigert jedoch die Annahme und schickt mich zum Team für Akademiker hinauf, wo ich eine halbe Stunde warte und erlebe wie jemand, der offenbar schon viel länger als ich wartet, kurz vor dem Ausrasten ist. Ein "Teammitglied" nimmt den Vertrag entgegen, rechtfertigt den Umweg aber wenigstens dadurch, daß er kurz drüber schaut, ob alles in Ordnung ist. Eine endgültige Bestätigung soll ich in der nächsten Woche telefonisch bekommen.
- nächste Woche: Natürlich meldet sich absolut niemand telefonisch oder sonstwie bei mir - wozu hinterlegt man eigentlich seine Kontaktdaten in der "Agentur"? Als es mir am Freitag zu bunt wird und ich die Initiative ergreife, erreiche ich natürlich niemanden. Der ganz schön unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder ist telefonisch nicht zu erreichen, aber seine Sekretärin/Frau dient als Schnittstelle und sagt nach Rücksprache, ich solle am Montag auf jeden Fall zum Beginn der Fortbildung kommen. Man könne notfalls von dort die Agentur noch einmal anrufen.
- Immer noch der Freitag: Die Sekretärin/Frau des immer unprofessioneller erscheinenden Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder teilte mir außerdem mit, daß ich einen Brief von ihnen erhalten habe. Ich eile gleich zum Briefkasten und öffne den tatsächlich eingetroffenen Brief. Er enthält eine Lächerlichkeit: Aufgrund zu großer Teilnehmerzahl wurde der Veranstaltungsort verlegt. Ich überlege ernsthaft, ob ich den verdammt unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder anrufen und telefonisch auslachen soll, entscheide mich dann aber letztlich doch dagegen. - PS: Später stellt sich heraus, daß hier zwei Gruppen zusammengelegt wurden
- 26. September, 9.45: Als ich den verdammt unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder vor dem eigentlichen Beginn der Fortbildung darauf anspreche, daß ja noch die Sache mit der "Agentur" zu klären sei, meint er nur lapidar, wenn die sich nicht meldeten, sei schon alles okay. Ich bin zwar verwundert, akzeptiere das aber. Wenn ich allerdings nicht bald etwas von der "Agentur" wegen meiner Fahrtkostenerstattung höre, werde ich da wohl doch noch weiter hinterherlaufen.
Die Fortbildung selbst:
26. September: Die "Fortbildung" beginnt mit einer exorbitant langen Abhandlung von Formalia (mit Pausen > 6 Stunden), die offenbar von einem sadistischen Juristen erdacht wurde. Ich muß schriftlich versichern, diverse Dinge auf keinen Fall bzw. auf jeden Fall zu tun, zum Beispiel ist es verboten, den Rechner in Brand zu setzen oder ihn zu Klump zu schlagen. Der wirklich verdammt unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder schlägt diesem Faß die Krone ins Gesicht, indem er den IQ der Gruppe auf ca. 12 schätzt und jeden einzelnen Punkt nicht nur genüßlich vorliest, sondern auch noch "diskutiert". Die Ausbildung an der Waldorfschule ("Unterstreiche das Wort 'Kartoffeln' und diskutiere mit Deinem Nachbarn darüber.") scheint aber sonst keine Spätfolgen hinterlassen zu haben. Meine Abneigung ihm gegenüber wird immer größer. Da der wirklich verdammt unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder Physiker ist, beginne ich zudem den statistisch mit Sicherheit nicht haltbaren Schluß zu ziehen, daß alle Physiker einen Schuß haben. Nach der hoffentlich-doch-nicht-Kanzlerin ist dies immerhin schon der zweite positive Einzelfall.
27. September: Der uns vom verdammt unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder zugewiesene Netzwerkdozent beginnt sein Dozieren damit, daß er ca. eine halbe Stunde lang verzweifelt versucht, eine Powerpoint-Präsentation aus dem Internet heraus zu öffnen. Einfaches Speichern und lokal mit Powerpoint Ausführen wäre sicherlich die geschicktere Lösung gewesen. Oder Opera-Show. Leider hat der wirklich extrem unprofessionelle Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilder einen Vetrag mit Micro$oft und scheint daher überhaupt nicht auf die Idee zu kommen, einen ordentlichen Browser einzusetzen. Vielleicht darf er das auch nicht. Die eigentliche Präsentation wirkt wirr und schlecht bis gar nicht strukturiert. Immer häufiger werden Folien einfach übersprungen und auch der Hinweis "dazu kommen wir später noch" fällt viel zu oft.
Die zweite Hälfte des Tages verbringen wir mit der Einzelplatzinstallation von Windows XP, obwohl viele der Teilnehmer eine Netzwerkinstallation für sinnvoller halten. Leider sagt dies niemand dem Dozenten. Der wirkt aber auch so schon bei vielen der kleinen Problemchen, die jede Windowsinstallation so mit sich bringt, beängstigend überfordert.
Zum Abschluß gibt es noch einen Minitest, um zu schauen, ob man auch alles Mögliche gelernt hat. Der läßt sich leider nicht ausdrucken, da der Drucker streikt. Außerdem wimmelt er von übelsten Rechtschreibfehlern (insbesondere Deppenleerzeichen und die gefürchtete Binnenmajuskel), bei denen sich dem Linguisten in mir der Magen umdreht.
Die Teilnehmerstruktur ist interessant. Das Alter der Anwesenden reicht von 20 bis 54 mit Knubbelungen in den Zwanzigern und Vierzigern. Unter den 29 Leuten sind ganze zwei Frauen. Ich gehöre zu den ganz wenigen, die noch nicht im IT-Bereich gearbeitet haben. Einige listen bei der Vorstellung derartig beachtliche Sachen auf, daß ich nicht verstehen kann, warum sie arbeitslos sind. Ich schlußfolgere ziemlich schnell, daß, wenn diese Cracks keine Arbeit finden, ich auch nach Beendigung dieser Maßnahme keinerlei Chance haben werde.
Ich finde schnell Anschluß und schon bald trifft sich meine "Clique" in jeder Pause, um über die Unmöglichkeit des Dozenten und des extrem unprofessionellen Netzwerkadministrator-/Anwendungsentwicklerausbilders zu lamentieren. Die Aussichten auf Lernerfolg sind gering und werden nur dadurch am Leben erhalten, daß schon in knapp zwei Wochen ein Dozentenwechsel anstehen soll. Dann wird das Glücksspiel aufs Neue beginnen. Man fragt sich allerdings schon, warum eigentlich jeder Hinz und Kunz ohne jegliche didaktische Ausbildung in die Lehre geschickt wird.
[Kreetrapper - 26.09.2005/27.09.2005]