Blutbad im Kopf
Die allmontägliche Kolumne für die ganze Familie
Die Rückkehr des Qualitätsprinzips
Wie alle regelmäßigen Leser dieser Kolumne sicherlich gemerkt haben, gab es letzte Woche keine Ausgabe. Dies hat einen ebenso einleuchtenden wie beklagenswerten Grund: Ich habe ein neues Betriebssystem installiert. Auf meinem PC läuft jetzt also seit eineinhalb Wochen SuSE Linux 9.1 und der größte Unterschied zwischen diesem und meinem alten SuSE 8.0 besteht darin, daß die neue Version standardmäßig mit Unicode arbeitet. Das bedeutet allerdings, daß all meine alten Dateien, die ja unter dem alten SuSE als ISO8859-1 kodiert waren, dem neuen System erst einmal wesensfremd sind. De facto sind damit alle Sonderzeichen (d.h. alles was kein ASCII ist) in allen Dateinamen und allen Textdateien (wozu auch textähnliche Dateien wie HTML-Dateien zählen) kaputt gewesen, bzw. nicht kaputt, sondern nur falsch kodiert. Man kann diese Dateien auch umkodieren (sonst hätte es auch diese Woche kein Update gegeben), allerdings mußte ich mir dazu eine Anleitung der Tu Chemnitz zum dort neu installierten Fedora-Core 1 ergoogeln. Und das war auch nur deshalb relativ einfach, weil mir SuSE nach der Installation gnädigerweise verraten hatte, daß die Umstellung auf Unicode stattgefunden hat. Der Befehl zur Umkodierung der Dateinamen ließ sich sogar rekursiv anwenden, so daß ich alle Dateien auf einmal reparieren konnte. Beim Inhalt der Dateien war das leider nicht so einfach, so daß ich mir mit meinem dürftigen Shell-Wissen ein Skript basteln mußte, das zumindest immer einen ganzen Ordner auf einmal repariert. Und dann mußte ich natürlich noch den Header all dieser HTML-Dateien auf die neue Kodierung ändern (wozu ich erst heute voller Stolz ein Perlskript schrieb). Und jetzt frage ich mich: Warum kann SuSE das nicht automatisiert anbieten? Ich meine, ich kann ja wohl nicht der einzige sein, der auf einmal ein unicodebasiertes System voller iso-kodierter Dateien hat. Das führt mich zum eigentlichen Thema: Usability.
Zu Beginn meines Informatikstudiums bekam ich den klassischen Windows-Witz "Wenn Windows ein Auto wäre..." ausgehändigt. Dort finden sich Zeilen wie diese:
Wenn General Motors eine Technologie wie Microsoft entwickelt hätte, dann würden wir heute alle Autos mit folgenden Eigenschaften fahren:
Ihr Auto würde ohne erkennbaren Grund zweimal am Tag einen Unfall haben.
...
Gelegentlich würde ein Auto ohne erkennbaren Grund auf der Autobahn einfach ausgehen und man würde das einfach akzeptieren, neu starten und weiterfahren.
...
Gerade der letzte Satz zeigt meiner Meinung nach deutlich das Problem auf. Durch jahrzehntelange Konditionierung hat man sich als Computerbenutzer damit abgefunden, daß der PC nur im allerseltensten Idealfall genau das tut, was man von ihm verlangt. Wenn man sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken, stellt sich schnell die Frage: Warum eigentlich? Bei allen anderen technischen Geräten (z.B. den Autos aus dem obigen Witz) würden wir ein solches Verhalten niemals akzeptieren, doch bei Computern nehmen wir es klaglos hin. Und zahlen auch noch bereitwillig hunderte von Euro für manche Programme. "Wegen der hohen Entwicklungskosten."
Und das betrifft ja nicht nur das Windows-Betriebssystem selbst. Von befreundeten Gamern habe ich zum Beispiel gehört, das das neueste Vampire-Spiel, das vor einigen Monaten herauskam, neben einigen anderen nervigen Bugs an einer Stelle reproduzierbar abstürzte, so daß man es gar nicht zuende spielen konnte. Stellt Euch mal einen Fernseher vor, der sich regelmäßig zehn Minuten vor Ende des Films ausschaltet. Das ist doch eine himmelschreiende Unverschämtheit.
Genervt von den bei Windows zum Alltag gehörenden Abstürzen bin ich daher schon vor einigen Jahren auf Linux umgestiegen, genauer auf SuSE-Linux. SuSE hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, ein einsteigerfreundliches Linux zusammenzustellen, das insbesondere Windowsanwendern den Umstieg erleichtern soll. Wenn man sich die relativ neue Version 9.1 ansieht, ist ihnen das auch im wesentlichen gelungen. Man muß bei der Installation die meisten Einstellungen nur abnicken. Die Hardware wird problemlos erkannt, und auch das für den ehemaligen MS-Jünger etwas unintuitive mounten von Wechsellaufwerken gehört der Vergangenheit an. Leider beginnt man auch, einige der größten Vorteile von Linux bei dieser Windowisierung zu verspielen. Beispielsweise ist das System so voreingestellt, daß man beim Start ohne Paßwortabfrage eingeloggt wird. Und auch die bei Eingriffen in das System obligatorische Abfrage des root-Paßwortes kann man mit einem Klick ausschalten. Dadurch wird das sonst so sichere Linux natürlich schnell sehr anfällig. Auch für die eigene Dummheit des Benutzers, der nun nicht jedesmal gewarnt wird, wenn er etwas tut, das potentiell die Stabilität des Systems gefährdet.
Aber trotz der guten Ansätze von Linux im Prinzip - die Fehler sind geringer in der Anzahl und in den allermeisten Fällen nicht gar so erschreckend groß und gefährlich wie beim Konkurrenten mit den Fenstern - läßt die Usability hier noch sehr zu wünschen übrig. Man kann zwar bei einem Linux-System grundsätzlich alles so einstellen, wie man es sich wünscht, aber damit das auch klappt muß man sich eine Menge Fachwissen anlesen. Mein Unicode-Problem ist da nur ein Beispiel - zugegebenermaßen ein besonders extremes. Aber es ist beileibe nicht das einzige. Ich versuche zum Beispiel immer noch verzweifelt, die Compose-Taste, die mir das Eingeben von Sonderzeichen (wie Vokalen mit Akzenten) erlaubt, permanent einzuschalten. Es gibt zwar eine recht einfache Möglichkeit das über das Kontrollzentrum einzuschalten, aber dann ist es beim nächsten Systemstart wieder weg. Bei Windows ist so etwas zumindest bei den gängigsten Sonderzeichen serienmäßig möglich. Warum ist es nicht auch in einem von SuSE vorkonfigurierten Linux automatisch eingestellt? Und warum ist es nach wie vor so schwierig einen neuen Standard-Browser einzurichten?
Sowohl KDE als auch Gnome, also die beiden wichtigsten Desktopumgebungen, haben inzwischen erkannt, an welcher Front der Kampf gegen Windows geführt werden muß. Beide haben bereits ein Usability-Unterprojekt, wo man sich über solche Aspekte der Programme Gedanken macht. So besteht also noch Hoffnung, irgendwann eine Arbeitsumgebung an seinem Computer zu haben, die sowohl absturzsicher, als auch einfach und intuitiv zu bedienen ist. Ich werde warten. Oder mir, falls ich überraschend zu Geld kommen sollte, doch gleich einen Mac kaufen.
[Kreetrapper - 28.03.2005]
Zu Beginn meines Informatikstudiums bekam ich den klassischen Windows-Witz "Wenn Windows ein Auto wäre..." ausgehändigt. Dort finden sich Zeilen wie diese:
Wenn General Motors eine Technologie wie Microsoft entwickelt hätte, dann würden wir heute alle Autos mit folgenden Eigenschaften fahren:
Ihr Auto würde ohne erkennbaren Grund zweimal am Tag einen Unfall haben.
...
Gelegentlich würde ein Auto ohne erkennbaren Grund auf der Autobahn einfach ausgehen und man würde das einfach akzeptieren, neu starten und weiterfahren.
...
Gerade der letzte Satz zeigt meiner Meinung nach deutlich das Problem auf. Durch jahrzehntelange Konditionierung hat man sich als Computerbenutzer damit abgefunden, daß der PC nur im allerseltensten Idealfall genau das tut, was man von ihm verlangt. Wenn man sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken, stellt sich schnell die Frage: Warum eigentlich? Bei allen anderen technischen Geräten (z.B. den Autos aus dem obigen Witz) würden wir ein solches Verhalten niemals akzeptieren, doch bei Computern nehmen wir es klaglos hin. Und zahlen auch noch bereitwillig hunderte von Euro für manche Programme. "Wegen der hohen Entwicklungskosten."
Und das betrifft ja nicht nur das Windows-Betriebssystem selbst. Von befreundeten Gamern habe ich zum Beispiel gehört, das das neueste Vampire-Spiel, das vor einigen Monaten herauskam, neben einigen anderen nervigen Bugs an einer Stelle reproduzierbar abstürzte, so daß man es gar nicht zuende spielen konnte. Stellt Euch mal einen Fernseher vor, der sich regelmäßig zehn Minuten vor Ende des Films ausschaltet. Das ist doch eine himmelschreiende Unverschämtheit.
Genervt von den bei Windows zum Alltag gehörenden Abstürzen bin ich daher schon vor einigen Jahren auf Linux umgestiegen, genauer auf SuSE-Linux. SuSE hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, ein einsteigerfreundliches Linux zusammenzustellen, das insbesondere Windowsanwendern den Umstieg erleichtern soll. Wenn man sich die relativ neue Version 9.1 ansieht, ist ihnen das auch im wesentlichen gelungen. Man muß bei der Installation die meisten Einstellungen nur abnicken. Die Hardware wird problemlos erkannt, und auch das für den ehemaligen MS-Jünger etwas unintuitive mounten von Wechsellaufwerken gehört der Vergangenheit an. Leider beginnt man auch, einige der größten Vorteile von Linux bei dieser Windowisierung zu verspielen. Beispielsweise ist das System so voreingestellt, daß man beim Start ohne Paßwortabfrage eingeloggt wird. Und auch die bei Eingriffen in das System obligatorische Abfrage des root-Paßwortes kann man mit einem Klick ausschalten. Dadurch wird das sonst so sichere Linux natürlich schnell sehr anfällig. Auch für die eigene Dummheit des Benutzers, der nun nicht jedesmal gewarnt wird, wenn er etwas tut, das potentiell die Stabilität des Systems gefährdet.
Aber trotz der guten Ansätze von Linux im Prinzip - die Fehler sind geringer in der Anzahl und in den allermeisten Fällen nicht gar so erschreckend groß und gefährlich wie beim Konkurrenten mit den Fenstern - läßt die Usability hier noch sehr zu wünschen übrig. Man kann zwar bei einem Linux-System grundsätzlich alles so einstellen, wie man es sich wünscht, aber damit das auch klappt muß man sich eine Menge Fachwissen anlesen. Mein Unicode-Problem ist da nur ein Beispiel - zugegebenermaßen ein besonders extremes. Aber es ist beileibe nicht das einzige. Ich versuche zum Beispiel immer noch verzweifelt, die Compose-Taste, die mir das Eingeben von Sonderzeichen (wie Vokalen mit Akzenten) erlaubt, permanent einzuschalten. Es gibt zwar eine recht einfache Möglichkeit das über das Kontrollzentrum einzuschalten, aber dann ist es beim nächsten Systemstart wieder weg. Bei Windows ist so etwas zumindest bei den gängigsten Sonderzeichen serienmäßig möglich. Warum ist es nicht auch in einem von SuSE vorkonfigurierten Linux automatisch eingestellt? Und warum ist es nach wie vor so schwierig einen neuen Standard-Browser einzurichten?
Sowohl KDE als auch Gnome, also die beiden wichtigsten Desktopumgebungen, haben inzwischen erkannt, an welcher Front der Kampf gegen Windows geführt werden muß. Beide haben bereits ein Usability-Unterprojekt, wo man sich über solche Aspekte der Programme Gedanken macht. So besteht also noch Hoffnung, irgendwann eine Arbeitsumgebung an seinem Computer zu haben, die sowohl absturzsicher, als auch einfach und intuitiv zu bedienen ist. Ich werde warten. Oder mir, falls ich überraschend zu Geld kommen sollte, doch gleich einen Mac kaufen.
[Kreetrapper - 28.03.2005]