Blutbad im Kopf
Die allmontägliche Kolumne für die ganze Familie
Unter den Volldeppen ist der Dumme König
Der Tragödie erster Teil: Like a Bridge over troubled Water
Die erste Phase meiner Fortbildung spielte sich, wie sich treue Leser sicher erinnern, aus abstrusesten Gründen in einer anderen als der intendierten Räumlichkeit ab. Zuerst also der grausame Blick zurück in diese erste Phase.
Der Dozent zeichnete sich vor allem durch die mangelnde Struktur seines Unterrichts und die völlig fehlende Vorbereitung aus. Hinzu kam noch, daß er sogar im Stoff selbst oftmals alles andere als sicher war. Wie es ein Teilnehmer schön zusammen gefaßt hat: "Hier habe ich nur eins gelernt: Wie man Wissen vortäuscht." Besonders gegen Ende dieser zwei Wochen konnte man die Fassade beinahe völlig einstürzen sehen. Am letzten Mittwoch haben wir uns zum Beispiel die kompletten acht Stunden mit einem Switch beschäftigt. Jeweils zwei Sitzreihen bekamen einen solchen ausgehändigt und sollten jede Reihe in ein eigenes VLAN stecken, eine Aufgabe, die den Geübten vielleicht fünf Minuten kostet. (Ich habe so viel über LANs, WANs und was-weiß-ich-noch-für-ANs geredet, daß ich mich immer wieder beherrschen mußte, nicht laut: "Ey, Lan" zu rufen.) Die für die Switchkonfiguration nötige Software war leider nicht vorhanden und mußte erst noch mühsam über die doch recht langsame Verbindung aus dem Internet geladen werden. Dadurch waren wir dann aber auch wenigstens eineinhalb Stunden lang beschäftigt. Den Rest der Zeit schien der Dozent nicht verplant zu haben.
Der nächste Tag brachte eine willkommene Abwechslung: Übungsaufgaben. Und die meisten waren diesmal auch ganz ordentlich formuliert, so daß man recht kurzweilige eineinhalb Stunden verbringen konnte. Problematisch wurde es dann erst beim Lösungsvergleich, da der Dozent die Aufgaben wohl nicht selbst entworfen hatte, und an der ein oder anderen Fragestellung hakte es dann doch. Das Bitterste und der absolute Tiefpunkt war jedoch ein Moment, an dem ich mir nur noch an den Kopf fassen konnte, um mich zu vergewissern, daß ich nicht in die Bizarro-Welt hinübergeglitten war. Die Frage war, IIRC, "Wieviele Subnetze kann ich im Klasse-C-Netz 192.168.210.0 bilden?" Da ein Netz mindestens aus zwei Rechnern und den beiden reservierten Adressen (Broadcast, Netzadresse) besteht, brauche ich also pro Netz mindestens vier IP-Adressen und bekomme somit 64 mögliche Subnetze. Soweit, so klar. Zur Veranschaulichung hat der Dozent dann die vier IP-Adressen für das erste Netz angeschrieben, und dann noch die für das zweite Netz, und dann auch noch für das dritte Netz... Und als er dann auch noch die für das vierte Netz anschrieb begann mir allmählich zu dämmern, daß er vielleicht gar nicht mehr aufhören würde. Eine halbe Stunde beständigen Kopfschüttelns meinerseits später hatte ich dann die Gewißheit. Er hatte tatsächlich die IP-Adressen für alle 64 möglichen Subnetze explizit an die Tafel geschrieben.
Am Freitag bekam er dann dafür auf das obligatorische "Sind noch Fragen" von unserem "Klassensprecher" (auch irgendwie ganz schön bitter) dermaßen offen die Meinung gesagt, daß er mir schon wieder leid tat. Und der "resident freak" setzte sogar noch einen drauf. "Werden wir in den nächsten Wochen und Monaten noch irgendwann einmal bei Ihnen Unterricht haben?" "Soweit ich weiß nicht." "Gut, denn ich habe in diesen zwei Wochen überhaupt nichts gelernt." Er mag ein Freak sein, aber recht hatte er irgendwie schon. Der Dozent bekommt jedenfalls von mir einige Pluspunkte dafür, daß er diese doch sehr harsche - wenn auch im Grunde gerechtfertigte - Kritik, ohne größere Gefühlsregungen weggesteckt hat. Geringere Menschen wären vermutlich weinend zusammengebrochen oder hätten versucht, sich zu rechtfertigen. Respekt.
Auch der Kursleiter (Ihr wißt schon, der nett scheinende aber offenbar ziemlich inkompetente Netzwerkadministrator- /Anwendungsentwicklerausbilder) hat am Montag noch mal Feedback eingesammelt und uns sogar Qualitätssicherungsbögen ausfüllen lassen. Leider ist ihm dabei rausgerutscht, daß die Folien, die der Dozent verwendet hatte und die mit Rechtschreibfehlern und vor allem jeder Menge Deppenleerzeichen gespickt waren, in Wirklichkeit nicht von diesem, sondern vom Kursleiter selbst stammten. Das erklärt sicher die oft auftretende Verwunderung des Dozenten über das, was er da vorlas. Er sah die Folien wirklich zum ersten Mal. Später schlossen einige Kursteilnehmer aus den Erstellungsdaten der Präsentationsdateien, daß die Dozenten selbige möglicherweise erst extrem kurz vorher vom Kursleiter zur Verfügung gestellt bekommen. Dann wäre natürlich ein nicht geringer Teil der Schuld auch bei diesem zu suchen.
Und immer dran denken: "This was just the beginning." Mehr davon beim nächsten Mal.
[Kreetrapper - 09.01.2006]