Sprachliche Weltreise
Autor: | Hans Joachim Störig |
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Titel: | Abenteuer Sprache |
Verlag: | dtv |
Erscheinungsjahr: | 2002 (Erstauflage: 1997) |
Umfang: | ca. 380 Seiten |
Preis: | € 14,50 |
Ein Streifzug durch die Sprachen der Erde. Diesem Untertitel wird Störigs Buch mehr als gerecht, im positiven wie im negativen Sinne. Es gelingt dem Autoren, unterhaltsam an die vergleichende Sprachwissenschaft heranzuführen, ohne daß seine Ausführugen zu theorielastig werden. So besteht seine Zielgruppe vornehmlich aus Lesern mit einem Interesse an Sprachen, die sich noch nicht intensiv mit Linguistik beschäftigt haben, aber da er auch viele Sprachen behandelt, über die man nicht so viel weiß und bei denen, über die man schon etwas weiß, dafür stärker in die Tiefe geht, ist dieses Buch auch für den Hobby-(oder wie mich Nebenfach-)Sprachwissenschaftler interessant.
Das Buch beginnt mit einem Kapitel über das Entschlüsseln toter Sprachen, z.B. der Keilschrift oder Linear B, das meiner Meinung nach nicht in den Rahmen dieses Buches gehört und in Simon Singhs Geheime Botschaften, wo sich ähnliche Ausführungen finden, sehr viel besser aufgehoben ist. Der überwiegende Teil des Folgenden (ca. 210 Seiten) beschäftigt sich mit den Indogermanischen Sprachen, und zwar, wie Störig betont, nicht, weil das Deutsche zufällig dazu gehört, sondern, weil diese Sprachfamilie, die bei weitem bedeutendste ist - gemessen an der Zahl ihrer Sprecher und der Staaten, in denen eines ihrer Mitglieder Amtssprache ist. Das ist sicherlich richtig, führt jedoch dazu, daß die wirklich interessanten Sprachen, die sich in Laut- und Satzstruktur besonders stark vom Deutschen unterscheiden, deutlich weniger Spotlight-Time bekommen. So kommt es, daß Störig in den späteren Kapiteln über afrikanische, indianische oder austronesische Sprachen oft nur gerade genug Platz zur Verfügung hat, die wichtigsten Vertreter einiger Sprachfamilien aufzuzählen und vielleicht noch ein Wort darüber zu verlieren, wo diese gesprochen werden. Das ist dann leider nicht mehr besonders unterhaltsam. Um so trauriger ist man da um die acht Seiten, die in einem früheren Kapitel an die Aufzählung lateinischer Aussprüche verschwendet wurden. Aber da, wo er sich die Zeit nimmt, eine Sprache genauer zu betrachten (das ist insbesondere bei Latein, Griechisch, Deutsch und Englisch der Fall, denen allen ein eigenes Kapitel gewidmet wurde), da ist dieses Buch überaus interessant und es fällt oft schwer, es aus der Hand zu legen.
Ein weiterer kleiner Makel findet sich in der Sprache des Autoren. Mitunter befleißigt Störig sich nämlich eines etwas ungewöhnlichen Sprachstils, der den Leser manchmal etwas vom Inhalt ablenkt. Zum Beispiel scheint er zu glauben, daß man zwei gemeinsam als Subjekt fungierende Substantive nicht nur mit und, sondern genausogut durch ein Komma verbinden kann, wodurch seine Sprache manchmal etwas steif wirkt.
Doch das sind nur Kleinigkeiten, die den positiven Gesamteindruck nicht trüben können. Zum Abschluß daher ein Zitat aus Abenteuer Sprache, das deutlich macht, warum mir die französische Sprache so unsympathisch ist und gleichzeitig den Stil Störigs vor Augen führt.
Die Homonyme im gesprochenen Französisch sind zahllos. Man kann spaßeshalber einen Anfangskonsonanten wählen und dazu einen Vokal und stellt dann schnell fest, daß es meist zwei oder gar drei Wörter gibt, die phonetisch diesem Muster entsprechen, aber sich in Schreibung und Bedeutung radikal unterscheiden:
peau "Haut", pot "Topf", beide gesprochen [po];
saut "Sprung", sceau "Siegel", seau "Eimer" und sot "Dummkopf", alle gesprochen [so].
[Kreetrapper - 20.04.2004]