VIELfalt statt Einfalt
Interpret: | Die Fantastischen Vier | ||||||||||||||||||||||||||||
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Titel: | Viel | ||||||||||||||||||||||||||||
Label: | Four Music | ||||||||||||||||||||||||||||
Erscheinungsjahr: | 2004 | ||||||||||||||||||||||||||||
Spieldauer: | ca. 55 Minuten | ||||||||||||||||||||||||||||
Tracklist: |
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Okay, das liest man in jeder Rezension dieses Albums, aber dennoch: Nach 5 langen Jahren sind die Fantastischen Vier wieder zurück! "Endlich!", möchte man aufschreien. In den Interviews, die die Fantas im Vorfeld der Veröffentlichung überreichlich gegeben haben, wurde immer wieder betont, daß Viel eine echte Gemeinschaftsproduktion ist, im Gegensatz zum letzten Album 4:99, das in gewisser Hinsicht eher vier Soloplatten in einer war. Besonders schön hat sich dieser Umstand damals in den zeitgleich veröffentlichten Singles Michi Beck in Hell und Le Smou gezeigt. Viel wirkt beim ersten Hören deutlich mehr wie aus einem Guß.
Beim zweiten Hören erkennt man allerdings auch hier Stücke, die ein sehr starkes Solo-Gefühl evozieren. Nicht nur Mein Schwert, Thomas' Prequel zu Krieger, sondern auch Keine Lösung oder in gewisser Weise Ewig erwecken diesen Eindruck. Aber nur vorerst. Beim dritten Hören wirken auch diese Stücke (vielleicht mit Ausnahme von Mein Schwert) als Stücke der Vier und eben nicht als Smudo- oder Michi- oder Thomas-Stücke.
Das zeigt schon, wie vielschichtig dieses Album der Fantastischen Vier daher kommt. Bereits beim ersten Hören bemerkt man hingegen die musikalische Vielfalt von Viel. Ich bin mit der Erwartung an das Album herangegangen, eine typisches Fanta Vier-Platte zu bekommen und wurde vom ersten Hören enttäuscht, da Viel sich doch sehr stark von 4:99 unterscheidet. Der erste Titel Bring it Back ist zum Beispiel ein klassisches Hip Hop-Stück - musikalisch sehr aggressiv, textlich sehr selbstbezogen (Textprobe: Ich bounce, du Sau. "Populär" und so. Nix mit Thomas und Co; ich bin Smudo, you know). Sehr gut paßt hierzu nicht nur der Gastauftritt des Megalomaniax Andi Wilda, der durch seine Rolle als Tankwart beim Lauschgift-Stück Locker Bleiben schon bekannt ist, sondern die Fantas setzen noch einen drauf und haben als Gastrapper Sabrina Setlur zu bieten. Doch schon das nächste Stück Geboren ist wieder ganz anders. Die Bandbreite geht von sehr typischen Fanta-Songs wie Mein Schwert oder Ewig bis zum sehr Reggae-artigen Keine Lösung.
Schon beim zweiten Hören fügen sich diese ganzen verschiedenen Stile dann aber zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Wenn man bedenkt, wie sehr nahezu alle anderen deutschsprachigen Hip Hop-Künstler in den ausgefahrenen Grenzen dieses Musikgenres gefangen sind, ist es umso erstaunlicher, mit welcher Leichtigkeit die Fantas diese Grenzen sprengen. Irgendwie ist es also letztlich doch wieder eine typische Fanta Vier-Platte geworden. Die Vier sind sich nämlich dahingehend treu geblieben, daß sie sich weiterhin mit jedem neuen Album neu erfinden und neu definieren. Sie waren eigentlich schon immer sehr innovativ - wahrscheinlich die innovativste Gruppe im deutschsprachigen Hip Hop.
Aufgrund dieser Vielseitigkeit kann man es den Vieren auch verzeihen, daß es letztlich dann doch nur 12 Stücke (und zwei Nicht-Stücke) auf das Album geschafft haben. Und auch der erste Eindruck, daß es schwer sein dürfte, aus diesem anspruchsvollen Album eine weitere Single auszukoppeln, ist schnell verflogen. Sommerregen ist eine logische Wahl für die zweite Single und auch einige der anderen Stücke würden sich ganz gut für weitere Auskopplungen eignen.
[Kreetrapper - 26.10.2004]