Das Walroß bist Du
Ein Kriminalroman von Helmut König
Kapitel 12
Kapitel 12: Sprünge
Es war Dienstag, der 10. April, 9 Uhr 59. Karnevalsbeginn.
So konnte man zumindest meinen, wenn man wie ich auf dem Forstweg in Wolfenbüttel unterwegs war. Die kleine Straße am Rande der Stadt war in laut dröhnende Schunkelmusik getaucht. Die Musik kam aus einem großen Haus auf der linken Straßenseite, das mit Gir-landen üppig geschmückt war. Aus den geöffneten Fenstern drangen außerdem bierselige Rufe und das Geklirr von Gläsern nach draußen. Als dann auch noch aus einem guten Dutzend Jagdhörnern "Sau tot" geblasen wurde, wechselte ich entschlossen die Straßenseite.
Im Vorbeigehen konnte ich noch das Schild an der Eingangstür des Gebäudes lesen: Niedersächsisches Forstplanungsamt. "Gar lustig ist die Jägerei", dachte ich und hoffte, daß die Wogen der närrischen Begeisterung nicht auch noch auf diese Seite der Straße geschwappt waren. Aber nein, das Staatsarchiv lag ruhig und friedlich da. Sogar ein klein wenig zu friedlich für meinen Geschmack, denn auch von Aaron war weit und breit nichts zu sehen.
Unschlüssig stand ich vor der Tür herum. Wahrscheinlich konnte Aaron sich nicht von Lisa Eschenburg losreißen. Ich dachte gerade, daß ich ja genausogut alleine mein Glück im Archiv versuchen könnte, als ich Aarons alten VW kommen sah. Er parkte ganz unerlaubt direkt vor dem Eingang und stieg aus. Mit beschwingten Schritten kam er auf mich zu. Die gute Laune lugte ihm dabei aus allen Poren, und er sang fröhlich eines seiner Lieblingslieder:
gebt den kindern das kommando
sie berechnen nicht
was sie tun
die welt gehört in kinderhände
dem trübsinn ein ende
wir werden in grund und boden gelacht
"Na, Alter, schon wieder heiß darauf, in staubigen Büchern zu wühlen?"
"Du hast natürlich inzwischen ganz andere Interessen!"
"Jetzt sei nicht knatschig wegen der paar Minuten! Ich mußte mit Lisa noch ein bißchen fachsimpeln. Du wirst es nicht glauben, sie ist auch eingefleischter Beatles-Fan."
Oha! Bei mir gingen die Alarmglocken an. Wenn Aaron mit diesem Thema erst einmal loslegte, war er so leicht nicht mehr zu stoppen. Jetzt stand auch noch zu befürchten, daß sich sein altbekanntes Faible für die Beatles mit der neuen Begeisterung für Lisa Eschenburg verbunden hatte. Dann würde ich so schnell kein Bein mehr an die Erde bekommen. Und richtig setzte er auch schon zu einem Redeschwall an. Die letzte Gelegenheit für mich, ihn aufzuhalten!
"Hast du daran gedacht, sie nach ihren Vorfahren zu fragen?"
Aaron hatte den Mund schon geöffnet, um mir etwas ganz anderes zu erzählen. Meine schnelle Zwischenfrage hatte ihn gerade noch rechtzeitig gebremst. Jetzt verharrte er kurz und sah dabei aus wie ein Hund, dem man die schon sicher geglaubte Wurst vor der Nase weggeschnappt hatte. Dann schloß er den Mund wieder und nahm einen neuen Anlauf. Aber als er an meinem Blick sah, daß ich jetzt weder Beatles- noch Lisa-Schwärmerei dulden würde, entschloß er sich wohlweislich, doch auf meine Frage zu antworten.
"Aber klar doch! Hab ich. Sie ist wirklich mit diesem Johann Joachim verwandt. Wußte auch, daß der mit Lessing befreundet war. Ist bei den Eschenburgs wohl seit damals Familientradition, sich mit Lessing zu beschäftigen. Lisa kennt sich jedenfalls gut aus. Hat mir gleich was vom Meißnerhaus erzählt und von Eva."
"Du hast ihr doch hoffentlich nicht gesagt, was wir suchen, oder?"
"Nur so 'ne Andeutung. Ich hatte ja keine Zeit. Wollte dich nicht länger warten lassen.
Aber warum soll ich ihr denn nichts erzählen?"
"Na, du bist gut. Wir wissen doch noch gar nicht, was sie da für eine Rolle spielt. Vielleicht ist sie ja auch hinter dem Manuskript her."
"Jetzt fang du nicht auch noch an! Theo hat mich gestern schon genervt mit seinen Verdächtigungen. Lisa kann uns bestimmt sogar helfen."
"Das sehen wir dann schon. Aber keine Alleingänge bitte!"
"Also, du machst dir kein Bild, was das für eine Frau ist. Die -"
"Will ich jetzt auch gar nicht. Erzähl mir lieber, was Theo sonst noch so berichtet hat."
Das machte er dann auch.
Er erzählte von Nicolai, Wagner und Ephraim. Die bevorstehende Enthüllung des Testaments erwähnte er nur kurz. Die Möglichkeit, daß Lisa Eschenburg sich als eine Erbin Burckhardts herausstellen könnte, war ihm offenbar nicht ganz geheuer. Um ihn ein wenig zu ärgern, hakte ich genau an der Stelle nach, was ihn dazu brachte, nur um so ausführlicher über den geheimnisvollen Ephraim zu spekulieren.
Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. Vielleicht hätte Aaron dann nicht vergessen, mir schon jetzt von der neuen Nachricht zu erzählen, die man bei Burckhardts Leiche gefunden hatte. Dann wäre möglicherweise alles ganz anders gekommen.
Doch so redete ich danach über die 'Forschungsergebnisse' von gestern und die Theorie, die ich mir zurechtgelegt hatte. Jetzt, nach einer darüber geschlafenen Nacht, kam es mir nicht mehr ganz so plausibel vor. Ich war skeptisch, ob Aaron meine Gedankengänge überhaupt mitmachen würde. Aber genau das passierte, und er fand es sogar sehr spannend. Nur am Ende bemerkte er doch ein Haar in der Suppe:
"Wenn das alles stimmt, was du dir da ausgedacht hast, müßte es dann nicht so sein, daß Ullrich das Manuskript vernichtet hat? Oder daß er es diesem Mylius gegeben hat, und der hat es dann vernichtet?"
"Das wäre logisch, ja. Aber trotzdem glaub ich das nicht. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß Eschenburg die Arbeit seines Freundes an jemanden ausleiht, der einen zweifelhaften Charakter hat."
"War aber doch wohl so. Dein Herr Eschenburg hat sich eben getäuscht."
"Nein. Ich denke, Ullrich wurde von Mylius dazu gezwungen, das Manuskript zurückzuhalten. Aber, daß er es auch aus der Hand gegeben oder vernichtet hat, das glaube ich nicht."
"Was gibt es denn für Anhaltspunkte für diesen Glauben?"
"Gar keine, ist reine Intuition."
"Damit solltest du mal Theo kommen, der würde dir was erzählen!"
"Einen Hinweis darauf, daß das Manuskript nicht vernichtet worden ist, gibt es natürlich schon: Nicolais Anstrengungen, die ja ganz offensichtlich in dieselbe Richtung gehen."
"Ja, stimmt, die Nachricht an Ephraim paßt da auch rein."
"Genau! Nicolai ist sich nicht nur sicher, daß das Manuskript existiert. Er hat's sogar gefunden."
"Und Sonntag will er es an Ephraim übergeben!. Da könnten wir dann doch dazwischenfunken. Übrigens sogar mit offizieller Unterstützung. Theo hat uns zu so einer Art Deputies gemacht. Wir sollen für ihn Nicolai im Auge behalten."
"Weiß das auch sein Chef?"
"Glaub ich nicht. Aber sag mal, ist es denn überhaupt nötig, daß wir dann selber noch weitersuchen? Sieht doch so aus, als ob Nicolai uns sowieso zuvorgekommen ist."
"Eben nicht. Er schreibt 'Objekt lokalisiert'. Das heißt ja nicht, daß er es hat, sondern nur, daß er weiß, wo es ist. Wär nicht schlecht, wenn wir das auch wüßten."
"Na gut, was machen wir also?"
"Ich denke, du machst, was du sowieso tun wolltest."
"Ehemalige Besitzer des Weghauses ermitteln."
"Genau. Am besten fängst du bei Georg Otto Leopold an. Das war der Schwiegervater von Ullrich, und dem gehörte das Weghaus um 1790."
"Leopold - 1790 - und was danach kam."
"Richtig. Und ich seh mal, ob hier irgend etwas über Ullrich aufgehoben wird."
Aaron erklärte mir den Weg zum Geschäftszimmer, wo man sich als informationshungriger Besucher anmelden mußte. Er selbst ging in die Abteilung für Grundbücher. Wir verabredeten, uns in spätestens zwei Stunden wieder draußen zu treffen.
Ich ging durch einen langen Flur, dessen Wände von Schaukästen gesäumt waren. Die Exponate darin hatten wohl alle etwas mit der Vergangenheit der Gegend zu tun, aber ich konnte mich hier jetzt nicht lange aufhalten.
Das Geschäftszimmer bestand aus einem Besucherteil, der von einer Theke begrenzt wurde, und dem Bereich für die Mitarbeiter. Dort standen Schreibtische, an denen drei ernsthaft aussehende Männer mittleren Alters emsig beschäftigt waren.
Es dauerte eine Weile, bis sich einer von ihnen von seiner Arbeit losreißen konnte und zu mir an die Theke kam. Er trug eine dunkelbraune Strickjacke über einem karierten, angerauhten Hemd und eine Cordhose von undefinierbarer Farbe. Seine Gesichtszüge waren so weich wie seine Kleidung. Bis auf die Nase. Die war scharf gebogen und blickte mir deshalb besonders auffällig zwischen den freundlichen, wachen Augen entgegen. Die kurzen Haare hatte er ganz nach hinten gekämmt, so daß sie seine hohe Stirn vollkommen frei ließen. An seinem Hemd war ein Namensschild befestigt. Helmut Bertold schien mich seltsamerweise erwartet zu haben. Vielleicht hatte Aaron ja einen Weg gefunden, mich irgendwie anzukündigen. Jedenfalls begrüßte mich der Archivar wie einen alten Bekannten.
"Da sind Sie ja! Ich höre, Sie wollen etwas über einen Wolfenbütteler Bürger erfahren?"
"Ja, tatsächlich. Anton Ullrich heißt der und hat gegen Ende des 18. Jahrhunderts gelebt."
"Von diesem Herrn liegen in unserem Archiv zwei Testamente. Kann ich Ihnen gleich mal raussuchen."
War ich schon durch den Empfang erstaunt gewesen, so verblüffte mich diese prompte Auskunft jetzt vollständig. Konnte es sein, daß Herr Bertold sein ganzes Archiv auswendig kannte? Bevor ich ihn danach fragen konnte, war er schon verschwunden, um die Testamente zu holen.
Nur wenig später kam er wieder. Zu schnell für mich, um mich von meiner Verwirrung zu erholen, und so stand sie mir sicher noch ins Gesicht geschrieben. Herr Bertold lächelte.
"Sie müssen nicht denken, daß ich zaubern kann. Erstaunlicherweise ist es aber so, daß gerade erst Freitag jemand anders danach gefragt hat. Deshalb wußte ich noch Bescheid."
Die Überraschungen, die dieser Ort für mich bereithielt, nahmen anscheinend kein Ende. Während Herr Bertold die Dokumente vorsichtig vor mir ausbreitete, fragte ich nach dem anderen Besucher.
"Das war ein gewisser Herr Eschenburg, kennen Sie ihn vielleicht?"
"Könnte schon sein, wie sah er denn aus?"
Bei dem Namen 'Eschenburg' hatte es schon bei mir gedämmert, und so wunderte ich mich jetzt nicht mehr, als er mir ziemlich anschaulich Georg Nicolai beschrieb. Dann ermahnte er mich, die Dokumente möglichst nicht zu berühren und ließ mich mit ihnen alleine, um sich wieder seiner Arbeit am Schreibtisch zu widmen. Er traute sich wohl zu, mich von da aus zu beaufsichtigen.
So viel Umsicht wäre gar nicht nötig gewesen. Denn ich konnte mit den Papieren zunächst gar nichts anfangen. Ich blickte von einem Blatt zum anderen, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Statt dessen hörte ich, daß wohl einer der Angestellten Aarons Vorliebe für Grönemeyer teilte:
werde meine sucht
mach mich abhängig zug um zug
oh
wie du gut tust
gut tust
gut tust immer mehr
Mir tat das nicht gut. Es machte mir noch schwerer, mich zu konzentrieren. Mein Kopf schwirrte. Aber jetzt hatte ich die Bestätigung: Nicolai war tatsächlich hier gewesen. Das war einerseits gut, denn es zeigte, daß ich auf der richtigen Spur war. Andererseits war das schon vier Tage her. Das hieß, was immer ich jetzt auch herausfinden könnte, Nicolai müßte es schon längst wissen. War also alle Mühe vergebens?
Gejammer würde jedenfalls nicht helfen. Ich versuchte, mich zusammenzureißen, und sah angestrengt auf die Dokumente.
Viel half das allerdings auch nicht. Die Papiere waren ja schon über 200 Jahre alt. Die Tinte war zum Teil verblaßt und das Papier eingegilbt. Das machte schon ein bloßes Lesen schwierig. Wo das einigermaßen möglich war, wurde das Verstehen zusätzlich erschwert durch den altertümlichen Sprachgebrauch, der auch noch mit juristischen Verklausulierungen durchsetzt war. Das größte Hindernis für mich war aber das benutzte Schriftsystem. Herr Ullrich bediente sich einer Mischung aus lateinischen und deutschen Buchstaben, die auch noch hier und da verziert waren. Am Kopf des ersten Blatts stand eine Art Überschrift. Die konnte ich immerhin noch lesen:
Testamentum des Oeconomen und herzöglichen geheimen Raths Antonius Ullricius, übergeben dem Herzöglichen Stadtgerichte 5. Bezirks Braunschweig den 11. Januar 1775
Das hatte ja auch ein Kanzleiangestellter geschrieben. Aber danach begann dann das eigentliche Testament in Ullrichs Handschrift. Das erste Wort war eindeutig: "Ich". Aber um das zweite Wort zu entziffern, brauchte ich schon Minuten. Dann war mir klar, was es heißen sollte: "Endesunterzeichneter". Wenn ich in diesem Tempo weitermachte, wäre ich morgen noch hier. Ich mußte anders vorgehen: nicht jedes Wort verstehen, sondern grobe Zusammenhänge herausfinden.
Des öfteren war von Georg Ullrich die Rede, Anton Ullrichs Sohn, der wohl der Haupterbe war. Außerdem tauchte sein eigener Name im späteren Text auf. Es machte den Eindruck, als ob er von sich selbst in der dritten Person sprach. Endlich begriff ich, daß er in Wirklichkeit da von seinem Enkel redete, der denselben Namen trug.
Im zweiten Text schien dieser andere Anton Ullrich eine wichtige Rolle zu spielen. Das Ganze war wohl eine Ergänzung oder ein Zusatz zum ersten Testament. Aber da ich das erste schon nicht verstanden hatte, fiel mir das Verstehen des zweiten nicht eben leichter.
Dazu kam noch, daß die Arbeitsbedingungen schwierig waren: Kein richtiges Licht hier an der Theke, ich mußte die ganze Zeit stehen, konnte nicht rauchen, und gelegentlich kamen auch noch andere Besucher, die über ihre Anliegen verhandelten. Ich drohte zu verzweifeln. Herr Bertold hatte mein Problem bemerkt und kam mir schließlich zu Hilfe.
"Vielleicht nützt es Ihnen, wenn ich die Dokumente für Sie kopiere? Dann könnten Sie auch in einen Arbeitsraum damit gehen. Das hat Ihr Bekannter auch gemacht."
Dankbar nahm ich an.
Kurz danach saß ich dann gemütlich in einem Büro, hatte die Kopien vor mir liegen, außerdem genug Papier für Notizen und endlich Ruhe. Jetzt müßte es doch besser gehen! Schließlich hatte ich auch schon andere Handschriften aus der Zeit gesehen und gelesen. Und wirklich gelang es mir dann auch nach und nach, mich einzulesen und das meiste zu entziffern.
Das erste Testament war eigentlich ziemlich übersichtlich. Ullrich vermachte fast sein ganzes Erbe seinem Sohn Georg und seiner Schwester Friederike. Einzelne Teile des Besitzes waren davon ausgenommen und gingen an Bekannte und weitläufigere Verwandte. Sein Enkel Anton Ullrich II. sollte einige Bücher bekommen.
Das war alles nicht weiter aufregend.
Das zweite Testament schien spannender zu werden. Schon beim Datum seiner Abfassung horchte ich auf. Es war 1791 datiert, also kurze Zeit nach dem von mir angenommenen Verschwinden des Faust-Manuskripts. Ich bemühte mich, diesen Text möglichst genau zu verstehen.
Es ging im wesentlichen darum, die "Bücher", die Anton Ullrich II. auch schon im ersten Testament erhalten sollte, genauer zu bezeichnen. Dabei handelte es sich um einen Teil seiner gesamten Bücher, den er "Kernbibliothek" nannte. Und er machte ein großes Aufheben darum. Es wurde nicht nur genau angegeben, wo in seinem Haushalt die Bücher standen, sondern Ullrich hatte sie auch sämtlich neu binden lassen und mit fortlaufenden Signaturen versehen.
Als ich das Wort "neugebunden" erlesen hatte, überkam mich eine Ahnung. Gespannt sah ich auf den letzten Teil des Textes.
Meinem Sohn Georg obliegt es, diese meine Kernbibliothek aus meinen sämmtlichen Büchern zu extrahiren und vollständig meynem Enkel Anton Ullrich zu dessen 20. Geburtstage etwa anständig auszuhändigen.
Insbesondere darf unter keinen Umständen vor diesem Tage auch nur eines der infrage stehenden Werke veräußert oder sonst irgend decertirt werden.
Sollte mein Sohn nicht in der Lage seyn, dieser Verbindlichkeit zu entsprechen, so erkläre und bestimme ich als meyne letzte Willensmeynung, daß meine Schwester Friederike an seiner Statt meine alleinige Erbin seyn soll.
Vor der Tür hatte die Mittagssonne inzwischen einen weiteren schönen Frühlingstag werden lassen, den die Förster schräg gegenüber immer noch feierten. Ich steckte mir eine Zigarette an und dachte über Ullrichs letzten Willen nach. Es war schon sehr erstaunlich, welche Mühe er sich mit diesen Büchern gemacht hatte. Obwohl an keiner Stelle im Testament erwähnt wurde, warum sie eigentlich so bedeutsam oder wertvoll waren. Und auch nicht, was plötzlich diese neue Verfügung nötig gemacht hatte. Das Neubinden hatte doch wohl eher die Aufgabe, etwas zu verstecken. Jedenfalls erfuhr man nicht einmal die Titel der Bücher. Trotzdem war ich mir sicher, daß ich einen davon sehr gut kannte. Und ich war überzeugt, daß der ganze Aufwand nur für dieses eine Buch getrieben worden war.
Aaron war nicht so leicht zu überzeugen. Nachdem ich ihm berichtet hatte, sagte er:
"Warum sollte Ullrich das machen?"
"Ich stell mir das so vor: Mylius hat ihn erpreßt oder irgendwie Druck ausgeübt, damit er den Faust nicht an Eschenburg zurückgibt. Vernichten wollte er das Manuskript aber auch nicht. Also mußte er es verstecken. Und wo versteckt man am besten ein Buch? - Unter anderen Büchern!"
"Und er mußte es auch vor seinem eigenen Sohn verstecken?"
"Was weiß ich. Vielleicht schämte er sich ja. Oder er traute erst seinem Enkel zu, vernünftig mit dem Geheimnis umzugehen."
"Hat dieser Enkel auch einen Namen?"
"Anton Ullrich, wie sein Opa."
"Bingo! Der ist mir auch untergekommen. Ich hab doch in den alten Grundbüchern nachgesehen. Und bei Leopold angefangen, wie du gesagt hast."
"Ja, erzähl!"
"Also, Leopold hat das Weghaus seinem Enkel vermacht, einem Georg Ullrich."
"Das war der Vater von Anton dem Zweiten."
"Eben. Und an den hat der es dann auch weitergegeben."
"Dann hat Anton der Zweite nicht nur den Faust besessen, sondern auch das Weghaus."
"Aber nicht lange. 1881 hat er es verkauft. An einen Herrn Burckhardt."
"Moment mal, das kann doch aber nicht -"
"Nein, nein, das war der Vater von unserem Herrn Burckhardt."
"Also steht fest, daß das Haus Burckhardt das Weghaus ist. Aber was Anton der Zweite mit dem Faust gemacht hat, wissen wir natürlich immer noch nicht."
"Vielleicht doch. Ich hab hier nämlich -"
Gerade jetzt, wo ich bald platzte vor Neugier, machte Aaron es besonders spannend. Er wühlte in seinen Papieren. Endlos, so schien es mir, bis er schließlich ein Blatt aus dem Stapel herauszog.
"- eine Inventarliste. Der Enkel Ullrich hat wohl keine Antenne für Tradition gehabt, oder er brauchte Geld. Jedenfalls hat er das Haus mit dem gesamten Inventar verkauft. Und hier auf dieser Liste sind auch jede Menge Bücher aufgeführt."
"Du meinst, das könnte die ominöse Kernbibliothek sein?"
"Wär doch möglich."
"Dann ist es auch vorstellbar, daß sich die Bücher heute noch im Weghaus befinden."
"Womit wir den Grund dafür hätten, daß sich Nicolai da herumtreibt!"
"Oh Mann, dann muß ich dir aber Abbitte leisten. Ich wollte eigentlich noch ein paar treffende Bemerkungen zu deiner neuen Leidenschaft loswerden. Aber jetzt paßt uns das ja gut in den Kram. Du könntest doch bestimmt Lisa Eschenburg bitten, dich mal in die Bibliothek im Haus zu lassen."
"Klar, kann ich machen."
"Dann los!"
"Nee, jetzt geht das nicht."
"Wieso nicht?"
"Na, morgen ist doch die Beerdigung. Da sind die jetzt mit den Vorbereitungen beschäftigt. Keine gute Zeit für einen Höflichkeitsbesuch."
"Mist!"
Aaron sortierte seine durcheinandergeratenen Papiere. Plötzlich stutzte er, zeigte auf ein Blatt und sagte:
"Wir haben da ja auch noch etwas anderes zu tun. Das hatte ich ganz vergessen!"
Ich war ziemlich enttäuscht darüber, daß wir jetzt gar nicht weiterkamen. Und so interessierte mich im Augenblick auch nicht, was mir Aaron da präsentieren wollte. Er wedelte mir aber mit dem Blatt so lange vor der Nase herum, bis ich sagte:
"Und - was hast du da so Tolles?"
"Direkt aus den Ermittlungsakten der Wolfenbütteler Polizei: die zweite Nachricht unseres Zettelschreibers!"
Mag jener dünkelhafte Mann
Mich als gefährlich preisen:
Der Plumpe, der nicht schwimmen kann,
Er will's dem Wasser verweisen!
Was schiert mich der Berliner Bann,
Geschmäcklerpfaffenwesen!
Und wer mich nicht verstehen kann,
Der lerne besser lesen.
Das interessierte mich jetzt doch. Ich las den Text sorgfältig, während Aaron mir erzählte, woher der Zettel kam.
"Schneider und Widemann, meine Wenigkeit, sogar der Leiter der Herzog-August-Bibliothek; ja, man kann sagen, die ganze Wolfenbütteler Obrigkeit, wir alle sind ratlos. Kannst du uns vielleicht weiterhelfen?"
"Ich denke, der Autor gibt euch doch schon einen Rat: Und wer mich nicht verstehen kann, Der lerne besser lesen."
"Ja, ganz schön arrogant, was?"
"Kann er sich als Dichterfürst auch leisten."
"Du weißt, wer das geschrieben hat?"
"Ich weiß sogar, warum. Goethe verspottet hier die Kritiker an seinem Werther. Und die 'Berliner' sind einige dieser Kritiker aus Lessings Freundeskreis. Hab ich noch gestern in der Bibliothek nachgelesen."
"Man könnte ja meinen, der Schreiber des Zettels wußte schon am Freitag, was du Montag lesen würdest."
"Auf jeden Fall weiß er auch, worum sich hier alles dreht."
"Sieht ja fast so aus, als ob er sich über uns lustig macht. Bei der ersten Nachricht dachten wir doch, er versucht, uns vielleicht auf den möglichen Mord an Burckhardt hinzuweisen. Ich hab überlegt, ob hier vielleicht auch so ein Hinweis versteckt ist."
"Das könnte tatsächlich sein! Zeig doch noch mal das Blatt. Ja, wenn ich mich richtig erinnere, ist das Gedicht vollkommen korrekt zitiert, aber es fehlt etwas: die Überschrift."
"Und weißt du auch, wie die heißt?"
"Die Leiden des jungen Werther"
"Das soll ein Hinweis sein?"
"Laß mich ausreden. Es geht noch weiter: an Nicolai."
"Potz Blitz! Gab es denn damals auch einen Nicolai?"
"Ja, er hat sogar eine Art Parodie auf den Werther geschrieben."
"Aber der Zettelschreiber meint natürlich unseren Herrn Nicolai. Er will uns sagen, daß ... äh ..."
"Ja, was eigentlich?"
" - daß Herr Nicolai auch ermordet werden soll!"
"Was für eine waghalsige Vermutung! Ich denke, Nicolai ist der Mörder von Burckhardt. Und auf einmal soll er das Opfer sein? Das glaub ich nicht."
"Was denn sonst?"
"Erst mal wissen wir ja gar nicht, ob der Text wirklich als Botschaft gemeint ist."
"Hast du doch selbst immer gesagt!"
"Deshalb muß es ja noch lange nicht stimmen. Aber selbst wenn, vielleicht soll es ja auch heißen, daß Nicolai der Mörder ist, wie wir immer gedacht haben."
"Aber bei der ersten Botschaft ging es doch darum, den Mord an Burckhardt zu verhindern."
"Haben wir geglaubt. Es könnte aber auch nur bedeuten, daß Burckhardt etwas mit dem Manuskript zu tun hatte, eben genauso wie Nicolai."
"Das auf jeden Fall. Aber der Mörder von Burckhardt ist Nicolai wohl doch nicht. Ich glaube, er ist jetzt selber in Gefahr. Wir müssen ihn warnen!"
"Na gut, wenn du unbedingt willst. Fahren wir halt hin. Kann schließlich nicht schaden, mal mit ihm zu reden."
Also brachen wir auf.
Aaron hatte einen Vorsprung, weil er ja direkt vor der Tür geparkt hatte. Ich beeilte mich, ihm zu folgen. Es dauerte auch nicht lange, bis ich seinen lahmen VW eingeholt hatte. Bei der ersten Gelegenheit überholte ich ihn und bestimmte dann selbst das Tempo.
Auf der Fahrt versuchte ich, meine Gedanken zu ordnen. Immer wieder kam mir Herbert dazwischen, der mir seit heute morgen im Kopf herumspukte.
angst stellt ruhig
angst kriegt klein
angst vor einander
angst 'rauszugehen
wir sind uns alle verdächtig
angst in die augen zu sehen
Nicolai war uns die ganze Zeit als ein möglicher Täter erschienen. Und jetzt meinte Aaron, er könnte selbst ein Opfer werden. Das glaubte ich zwar nicht. Aber ganz so abwegig waren Aarons Überlegungen auch nicht. Vielleicht war Nicolai tatsächlich nicht der Mörder Burckhardts, sondern nur hinter dem Faust her. Wenn der wirkliche Mörder auch das Manuskript gesucht hatte und bei Burckhardt erfolglos gewesen war, könnte es durchaus sein, daß er jetzt zu einer Gefahr für Nicolai wurde.
Ich hatte zwar keine große Sympathie für diesen aufgeblasenen Wichtigtuer, aber ermordet werden sollte er nun doch nicht.
Als wir zum Hotel kamen, hatte ich schon ziemlich dunkle Vorahnungen. Beinahe rechnete ich damit, vor der Hotelauffahrt Polizei- und Krankenwagen mit Blaulicht anzutreffen.
Zum Glück war diese Befürchtung aber doch übertrieben. Das Hotel lag ganz ruhig da, als ich angefahren kam. Ungeduldig wartete ich auf Aaron. Zusammen gingen wir dann hinein. An der Rezeption wurde uns mitgeteilt, daß Herr Nicolai nicht in seinem Zimmer war. Was nun? Aaron meinte:
"Laß uns die Polizei rufen!"
"Wir haben doch überhaupt keine Beweise für deinen Verdacht. Wir machen uns bestimmt nur lächerlich."
"Besser lächerlich als schuld sein, wenn doch was passiert!"
"Vielleicht kannst du ja Theo anrufen. Das ist dann nur halboffiziell."
Im Foyer des Hotels waren Telefone. Aaron ging sofort los. Ich sah ihn dann sprechen, anscheinend hatte er Theo gleich erreicht. Immer noch ganz aufgeregt kam er zurück.
"Theo sagt, für eine Fahndung reicht das nicht, aber er beauftragt die Streifenpolizisten, nach Nicolais Auto Ausschau zu halten, und wir sollen eine Nachricht im Hotel lassen, falls er wiederkommt."
Wir gingen wieder zur Rezeption und hinterließen, daß Nicolai sofort Theo Schneider anrufen sollte.
Danach standen wir noch ein wenig unentschlossen herum, als plötzlich Horst Wagner das Hotel betrat und auf uns zu kam. Er blickte kurz auf, ging dann aber an uns vorbei zur Theke der Rezeption. Da wir noch in der Nähe standen, konnten wir hören, daß er fragte, ob sie eine Nachricht für ihn hatten. Von Herrn Nicolai! Ich entschloß mich kurzerhand, ihn anzusprechen.
"Sie suchen Herrn Nicolai?"
"Ja, wir waren im Restaurant hier verabredet, aber er ist nicht gekommen."
Aaron polterte barsch dazwischen:
"Sie kennen Herrn Nicolai doch gar nicht!"
"Wie bitte?"
"Haben Sie jedenfalls der Polizei erzählt."
"Ach, die Bullen müssen ja auch nicht alles wissen. Natürlich kenne ich ihn. Ich sag doch gerade, daß wir verabredet waren. Aber was geht Sie das eigentlich an?"
Wir erzählten ihm, daß wir Nicolai auch dringend sprechen mußten, und er schlug uns vor, noch einmal im Restaurant nachzusehen. Gemeinsam gingen wir hinüber.
Keine Spur von Nicolai! Wagner sprach schließlich einen Kellner an, redete mit ihm und kam dann zu uns zurück.
"Das ist seltsam. Der Mann sagt, Nicolai ist hier gewesen und hat auf mich gewartet. Er hatte sich gerade ein spätes Frühstück bestellt, als ein Anruf für ihn kam. Er ist dann in die Halle gegangen, um den Anruf entgegenzunehmen. Als der Kellner das Frühstück servierte, konnte er durch das Fenster sehen, wie Nicolai völlig überstürzt aus dem Hotel lief. Er ist bis jetzt nicht wiedergekommen. Sein Frühstück steht da immer noch."
* | * | * |
Das Essen im Restaurant war nicht ganz so gut gewesen, wie er es erwartet hätte. Aber es hatte ihm Gelegenheit gegeben, die Örtlichkeit in aller Ruhe zu inspizieren, ohne Verdacht zu erregen.
Während des Essens war er mehrmals aufgestanden. Er war zur Toilette gegangen, zum Telefon, er hatte in der Halle herumgestanden, als ob er auf jemanden warten würde. Dabei hatte er sich die Umgebung genau angesehen, besonders den Weg durch die Halle zum Treppenhaus und den Aufzügen. Außerdem waren so die Hotelangestellten an seinen Anblick gewöhnt worden. Inzwischen mußte es für sie normal sein, daß er sich da bewegte.
Jetzt saß er wieder an seinem Platz und kostete den Nachtisch: Käsekuchen à la Big Apple. Er fand allerdings, der Kuchen schmeckte weder nach Äpfeln noch nach Käse. Auch Quark hatte der sicher nie gesehen. Eher schien es ein Grießkuchen zu sein, erstaunlicherweise mit Aprikosenmarmelade.
Er sah aus dem Fenster.
Draußen war ein Kind mit einem großen weißen Hund im Hotelgarten unterwegs. Es war ein wenig unbeholfen im Umgang mit dem Tier. Aber das war anscheinend sehr geduldig, so daß es keinerlei Probleme gab.
Bilder stiegen in ihm hoch, die wohl aus seiner eigenen Vergangenheit stammten. Er sah sich selbst als Kind mit dem großen Hund der Nachbarin. Er hatte auf ihn aufpassen sollen und sich ziemlich dumm angestellt. Das Tier damals war genauso gutmütig gewesen. Die Erinnerung zauberte ein Lächeln in sein Gesicht. Er fühlte sich genau wie damals, ging noch einmal mit dem zunächst noch fremden Hund durch die Straßen, immer ein bißchen ängstlich, ob er der Aufgabe auch gewachsen wäre. Dann war es doch noch sehr angenehm ge-worden. Zu spüren, wie der Hund ihm vertraute, ihm bereitwillig überall hin folgte, jede Richtungsänderung prompt mitmachte und nie ungeduldig wurde.
Er versuchte, sich an den Namen des Hundes zu erinnern. Er fiel ihm nicht ein. Dann an den Namen der Nachbarin, auch der fiel ihm nicht ein. Sonderbar! Je angestrengter er nachdachte, desto undeutlicher wurden die Bilder vor seinem geistigen Auge, die Gefühle, die dazu gehörten, verflüchtigten sich.
Da bellte der echte Hund draußen laut auf. Im selben Moment fiel das ganze Geschehen, das er noch eben so klar und lebhaft vor sich gesehen hatte, in sich zusammen. Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, daß es überhaupt eine echte Erinnerung an seine eigene Vergangenheit gewesen war. Hatte es diesen Hund in seiner Jugend wirklich gegeben? Seltsam berührt merkte er, wie sich kalter Schweiß auf seiner Stirn sammelte. Das angenehme Gefühl, das vorhin seinen ganzen Körper durchströmt hatte, war zu einem stählernen Band geworden, das sich nun um seine Brust legte und ihm das Atmen schwer machte.
Beunruhigt winkte er den Kellner herbei. Er zahlte und ging hinaus in den Garten. Dort war der reale Hund inzwischen mitsamt dem Kind verschwunden.
Er beschloß, einen ausgedehnten Spaziergang zu machen, um seine Besonnenheit wiederzufinden. Sein Weg führte ihn weit in die Anlage am "Stadtgarten", vorbei an alten Grabsteinen und jungem Grün. Er begegnete vielen anderen Menschen, die durch die Frühlingssonne nach draußen gelockt worden waren. Schließlich kehrte er zurück zum Hotel. Er durchquerte, ohne zu zögern, die Halle und ging zu den Aufzügen. Niemand beachtete ihn.
Vor dem Zimmer blieb er einen Moment abwartend stehen. Dann klopfte er. Er wußte zwar, daß Nicolai nicht da war, wollte aber doch sichergehen. Durch das Geräusch wurde ein Zimmermädchen am Ende des Ganges aufmerksam und schaute kurz her. Er überlegte, ob er lieber weitergehen sollte. Dann entschied er sich zu bleiben. Wahrscheinlich hatte sie ihn ja gar nicht bemerkt.
Die Tür leistete keinen großen Widerstand. Er wollte gerade das Zimmer betreten, da rief das Zimmermädchen:
"Herr Nicolai, soll ich jetzt ihr Zimmer saubermachen oder später?"
Geistesgegenwärtig rief er: "Später!" und bekam ein zustimmendes Gemurmel zurück.
Dann hatte er es glücklich ins Zimmer geschafft. Die Erleichterung darüber ließ ruckartig alle Anspannung von ihm weichen. Auf einmal wurden seine Schritte unsicher, und er stolperte. Ein Flimmern vor den Augen kündigte den kommenden Schwindelanfall an. Dann begann der Raum, sich zu drehen. Die Einrichtungsgegenstände kreisten um ihn und fingen alle gleichzeitig an, auf ihn einzureden. Er mußte sich die Ohren zuhalten.
Er setzte sich und dachte konzentriert:
"Ich bin ganz ruhig und gelassen. Mein Herz schlägt ruhig und fest."
Schließlich hatte er Zeit. Nicolai würde so schnell nicht zurückkommen. Nach einer Weile hatte sich dann alles wieder beruhigt. Er begann mit professioneller Genauigkeit, das Zimmer zu durchsuchen. Kein Winkel entging ihm, er sah in jede Ecke, hinter jedes Möbelstück.
Die Ausbeute war dennoch gering. Von Interesse war vielleicht die Kopie eines alten Testaments, das er kurz entschlossen einsteckte. Außerdem fand er eine Packung Haarfärbemittel, Theaterschminke und ein Buch über Die Umgangsformen des feinen Herrn. Sorgfältig überprüfte er, ob irgendwo ein Hinweis verborgen war auf das, was er eigentlich suchte. Vergebens.
Schließlich glaubte er, doch noch Erfolg zu haben. In dem Regal am Bett hatte er ein Kochbuch gesehen. Als er es herunternahm, machte sich der Inhalt selbständig. Die Kochbuchhülle war lediglich Tarnung gewesen. Darin steckte ein anderes Buch. Er sah es sich genau an: Die Geschichte der Familie Sömmering. Er blätterte eine Weile darin und steckte es dann auch ein. Es hatte bestimmt etwas zu bedeuten, daß Nicolai dieses Buch versteckt hatte. Aber das, was er suchte, war es auch nicht. Halblaut fluchte er vor sich hin. Er war sich so sicher gewesen, es hier zu finden! Er blickte sich ein letztes Mal um, ob er vielleicht etwas übersehen hatte. Nein. Hier war es nicht.
Also gut! Dann gab es nur noch einen Ort, wo es sein konnte.
Weiter mit Kapitel 13